Die Begriffe rund um das Sketchnoting werden häufig komplett durcheinander geschmissen. Ich möchte der Begriffsdefinition näher kommen und gehe in diesem Artikel der „Visual Facilitation“ auf den Grund.
Zunächst hilft hierbei eine wortwörtliche Übersetzung:
- Visual = visuell, sichtbar, wahrnehmbar
- Facilitation = Prozessbegleitung, Moderation, Förderung
Im Kern bezeichnet „Visual Facilitation“ also die „Visuelle Prozessbegleitung“.
Dabei fungiert der Facilitator nicht nur als reines, visuelles Protokoll, sondern steht in der Verantwortung, den (Gruppen-) Prozess zu leiten. Somit trifft auch die Übersetzung „Moderation“ zu.
Wie funktioniert Visual Facilitation?
Mit Hilfe von Bild-Text-Kombinationen (also praktisch Sketchnotes) werden Prozesse, wie beispielsweise ein Workshop, grafisch festgehalten. So spiegelt der Verantwortliche die erarbeiteten Inhalte und Kernaussagen für alle Anwesenden wider.
Inhaltlich hält sich der Moderator raus – Aktiviert, fordert und motiviert aber die Teilnehmer am Prozess mitzuwirken.
Die Visualisierung hilft den Teilnehmern dabei, den Fortschritt zu verfolgen und den Überblick zu behalten. Außerdem werden Zusammenhänge sichtbar, die sonst eventuell untergehen würden.
Die „Visual Facilitation“ ist praktisch ein Spiegel des Gruppenprozesses.
Die visuelle Ausarbeitung führt weiterhin dazu, dass die Teilnehmer sich die Inhalte besser merken können und am Ende ein gemeinsames Bild im Kopf verankert wird („Group Memory“).
Das Ergebnis lässt sich anschließend immer wieder nutzen, beispielsweise um eine Diskussion fortzuführen oder die Inhalte zurück ins Gedächtnis zu rufen (wo sie, doppelt codiert, nur darauf gewartet haben).
Einsatzzwecke für Visual Facilitation
Wie die Definition schon verrät, lässt sich die visuelle Prozessbegleitung bei jeder Art von Prozessen einsetzen, bei denen Inhalte entstehen.
Typische Einsatzzwecke sind dabei:
- Meetings
- Tagungen
- Konferenzen
- Seminare
- Projekte
- Workshops
- Unterricht
Die Visualisierung findet dabei ursprünglich eher großformatig statt. Flipcharts, Whiteboards, meterlange Tafeln und ganze Wände werden mit den Ergebnissen gefüllt.
Die moderne Technik bietet allerdings geniale Alternativen, diese großformatigen Entwicklungen digital festzuhalten. Tablets mit drucksensitiven Stiften (wie beispielsweise das iPad mit dem Apple Pencil) erlauben es, Prozesse noch effektiver zu visualisieren.
Die Entstehung kann per Fernseher oder Beamer übertragen werden und ist abschließend sofort digital verfügbar. Der verantwortliche Facilitator profitiert dabei von den typischen, digitalen Vorteilen (Ebenen, Rückgängig machen, Animationen, und vieles mehr).
Was dabei ein wenig verloren geht, ist der ganz besondere Charme analoger, unwiderruflicher Bilder.
Die Entstehung visueller Moderation
Ich möchte an dieser Stelle nicht zu sehr auf die Vergangenheit eingehen. Interessant ist jedoch, dass die Grundzüge der visuellen Prozessbegleitung bereits in den 1950er Jahren stattfanden.
Dabei wurden Kunden-Aussagen grafisch auf Karten festgehalten und schließlich zu Wandbildern zusammengefügt.
Eine Verbreitung des Begriffs „Visual Facilitation“ fand in Europa ca. ab den 1990er Jahren statt.
Visual Facilitation lernen
Für mich war diese Technik schon immer die Königsdisziplin wenn es um Visualisierungen geht.
Der Ausführende nimmt im Prinzip zwei Rollen gleichzeitig ein: Die des Moderators und die eines „Graphic Recorders“, sprich eines visuellen Protokolls.
Damit muss der Verantwortliche mehrere Fähigkeiten besitzen, vereinen und parallel vor einem Publikum anwenden.
Zum einen muss er Sketchnote-Fähigkeiten mitbringen und in Sekunden Bilder entwickeln und festhalten. Zum anderen muss er die Prozess-Verantwortung übernehmen und eine Gruppe leiten können. Dabei sind echte Coaching-Fähigkeiten gefragt!
Das richtige Lernen findet dann (natürlich!) immer nur statt, wenn man sich in die entsprechende Situation begibt und einfach macht. Das kann anfangs auch in kleinem Maßstab oder privater Umgebung passieren.
Ich habe großen Respekt davor und schätze diese Arbeit sehr. Persönlich bin ich eher auf der reinen Sketchnote-Seite zu Hause und selten in der Rolle des Moderators aktiv.
Weitere Bezeichnungen
Weitere Bezeichnungen, die sich im Laufe der Jahre entwickelt haben sind „Graphic Facilitation“ oder auch „Visual Practitioner“.
Alles sehr interessant. Aber wieso nutzt du hier selbst keine Sketchnotes? Nur Text…
Also ich sehe oben eine Sketchnote. 🙂